Cavalier Weekly

Ja ja, ich weiß es ist lange her, seit ich mich das letzte Mal hier verewigt habe. Aus gegebenen Anlass nenn´ ich diesen Beitrag auch „Cavalier Weekly“ in Anlehnung an unsere Unizeitung „Cavalier Daily“. Aber ehrlich gesagt, gab es kaum etwas zu berichten von den vergangenen Tagen. Außerdem wollte ich auf dem vielfachen Wunsch nach Fotos nachkommen. Hab gewartet und nun einige von Sebastian bekommen.

Zuerst wollte ich euch mein Bike vorstellen

sowie der kleine Weg, in dem es parkt.

Zur besseren Orientierung hab ich hier auch noch mal Hinweise eingefügt.
Ich hab mich inzwischen an die Farben gewöhnt. Nur der Lenker macht mich verrückt. Obwohl die Schraube so feste angezogen ist, wie nur irgend möglich, lässt er sich schön um seine Achse drehen. Wir haben auch schon versucht, es zu reparieren, indem wir zusätzliches Zeug dazwischen gepackt haben. Das hielt die ersten 2 Tag toll, dann fingen die Auflösungserscheinungen an. Nun es ist wie vorher. Aber egal…

Wenn ihr ein Eindruck davon bekommen wollt, wo mein Appartment liegt, einfach diesen Link anklicken: maps.google.com
Von den beiden horizontal liegenden Häusern mit braunem Dach, ist meins das nördlich Gelegene (oder einfach das Obere).

Was ist die letzten Tage aufregendes passiert?

RUDERN
Unser Rudertraining hat nun richtig angefangen. Sind seit Mo, 05.09., auf dem Wasser unterwegs. Jeden Tag schmerzen mich neue Körperregionen, von denen ich gar nicht wusste, dass ich jene überhaupt besitze. Die letzten Tage plagen mich meine Oberschenkel (hier einfach nur Quads genannt; echt witzig, der gesamte Körper hat hier kaum umgangssprachliche Bezeichnungen. Die benutzen hier alle Begriffe, die bei uns nur medizinisches Personal gebraucht. Oder eben solche Abk.). Ich kann kaum die Treppen heruntergehen, und Sebastian sagt auch schon, dass ich ziemlich unrund laufe. Nichts desto trotz macht das Training wirklich viel Spaß und die Symbiose aus Wasser, Wald und Weiden erschädigt für entstehende Unannehmlichkeiten. Auf maps.google.com könnt ihr unseren Steg, sowie das Bootshaus sehen.

Inzwischen rudern wir schon zu 6 Leuten, 2 stabilisieren weiterhin das Boot. Diese Boote sind ausgesprochen labil, wanken ewig hin und her, und wenn die 2 Stabilisatoren ihren Job schlecht machen, kommt sofort aus dem Rhythmus. Bin mal gespannt, wie das zukünftig mit 8 Ruderen klappt.

Da wir insgesamt 4 Mannschaften haben, wovon jeweils 2 parallel trainieren, sind wir auch schon interne Rennen gefahren. Bei allen 3 Rennen saß ich im Siegerboot. 😉 Ob´s an mir lag??? Überlegt euch die Antwort selbst. Bei letzten Rennen waren wir sogar nur zu 6 im Boot. D.h. nur 4 Leute sind simultan gerudert. Die andere Mannschaft nach wie vor mit 8 Leuten im Boot. Dennoch gewonnen. Wir haben aber auch einen kleinen Vorsprung bekommen. Bryce, unser Trainer, meinte auch nachher, ob es vielleicht noch ein Vorteil sei, nur zu 6 zu rudern. Schließlich hat man deutlich weniger Gewicht an Bord. Und bei unser jetzigen Technik …

Kurzer Einschub:
Heute war der anstrengenste Tag von allen. Sind 2x3000m auf den Ergometern gerudert. Und die ganze Zeit Bryce und noch ein anderen im Nacken. Ständig am Pushen, am Anfeuern. Ich hab´ gedacht, gleich fällst du vom Erg.

FOOTBALL
Letzten Samstag war das 1. Heimspiel unser Cavaliers. Was Fußball bei uns ist (speziell während der WM) ist hier Football. Also eine riesen Party.
Als ich an jenem Samstag aufgewacht bin, war schon ein riesen Krach vom Stadionparkplatz zu vernehmen. Die Amis beginnen solch einen Football-Tag mit Tail-Gating (Tail=“Heck“ und Gate=“Tor“; sprich: Kofferraum). Die kommen schon früh morgens hier aus ganz Virginia angefahren, parken ihr Auto, öffnen den Kofferraum und fangen an zu grillen, Bier zu trinken, laut Musik zu hören, und alles weitere, was in ihren Augen einen Football-Tag angenehm gestaltet. Alle Leute hier rund ums Stadion vermieten zu diesem Zweck ihre Einfahrt, ihren Rasen und sonstige Flächen an die Ankömmlinge. Für $20-30. Hab´ auch schon überlegt, dass beim nächsten Mal zu machen. Schließlich wohne ich direkt neben dem Stadion (s. maps.google.com) und da ich eh kein Auto habe; wozu den Parkplatz verkommen lassen?

Hier mal ein Auszug der Eindrücke. Damit ihr euch etwas unter Tail-Gating vorstellen könnt.


Wie ihr sehen könnt, regnet es nicht ständig hier. Die Fotos von meinem Fahrrad sind zur Zeit Ernestos entstanden. Leider verabschiedet sich aber so langsam der Sommer hier. Musste auch schon den 1. Pullover tragen.

Da wir eh kein Auto haben und auch aus offensichtlichen Gründen kein Auto brauchen, um zum Spiel zu kommen, haben wir unsere eigene Tail-Gating-Party in Davids Appartment und auf dem Parkplatz davor gefeiert.

David (im ORANGE-FEVER-Shirt) und Austin beim Versuch ihre Digicam ans Laufen zu kommen. Sebastian war schneller.

Greg unser Grillmaster.

Erst hat sich David am Grillen versucht, aber aus den Würstchen wurden leider nur Kohlen. Fehlte wohl etwas Testosteron.

Und zu guter Letzt: Auf dem Weg zum Stadion!

Wie ihr vielleicht seht, tragen die Mädels alle Ballkleider beim Spiel. Das hat hier so Tradition. Eigentlich kommen die Männer auch mit Hemd und Krawatte. Die Mädels halten ihre Tradition jedoch deutlich höher, was mir ausgesprochen gut gefällt 😉

Am Stadion angekommen war die Hölle los. Das große Rund war zwar nicht ausverkauft aber immerhin waren wir 60.429 Leute.

Vorm Kick-Off spielt die Cavalier March Band die Nationalhymne

und dann kommen die Spieler mit allerlei Tamtam auf Spielfeld gerannt. Da es hier für so jede Situation eine Ausstellung gibt (Offense, Defense, Special Team, sowie für Offense und Defense eine 2 Line …) umfasst solch ein Team mit Trainern, Betreuern, Beratern, usw. um die 100 Mann. Da sind die Analytiker auf der Tribüne, die das Spiel analysieren und die Erkenntnisse per Funk nach unten geben, nicht mitgerecht. Alles sehr sehr technokratisch. Ich hoffe nicht, dass sich der Fußball in diese Richtung entwickelt, auch wenn ich den Videobeweis befürworte.

Und weil 100 Mann bei beiden Team nie und nimmer Platz auf einer Spielfeldseite finden würden, stehen sich halt an beiden Spielfeldseiten.

Das Spiel selbst war sehr von Defense geprägt. Ewig ist die Pflaume von der einen auf die andere Seite gewechselt, weil niemand 10 Yards bei 4 Versuchen herausschlagen konnte.

Wer sich für die Regeln interessiert, hier ein kurzer Abriss: Das angreifende Team bekommt 4 Versuche und 10 Yards Raumgewinn zu erzielen. Dies kann über das Passspiel als auch das Laufspiel (Rush) bewältigt werden. Schafft ein Team 10 Yards (~9.54m) oder mehr innerhalb der 4 Versuche, bekommt es 4 neue Versuche (1st Down genannt). Ziel ist es die Pflaume in die gegnerische Endzone zu tragen (Touch-Down). Die Defense versucht dies natürlich zu verhindern.
Für eine Touch-Down gibt es 6 Pkt.
Für ein Field-Goal gibt es 3 Pkt.
Wurde ein Touch-Down erzielt, erhält das erfolgreiche Team 1 weiteren Versuch, um entweder wieder einen Touch-Down (zusätzl. 3 Pkt.) oder ein Field-Goal (zusätzl. 1 Pkt) zu erzielen.
Zum ausführlichen Regelwerk empfehle ich www.wikipedia.de/wiki/American_Football.

Bei unserem Spiel stand es nach 4 Quarters á 15 min. 6-6. Jede Mannschaft hat lediglich 2 Field-Goals zustande bekommen. Echt kümmerlich.

Weil es hier nur Sieger und Verlierer gibt, aber kein Unentschieden, bedeutete das Overtime. In der Overtime bekommt jedes Team im Wechsel 4 Versuche, um von der 25-Yards-Linie zu punkten, bis ein Team weniger Punkte einheimst als das andere. Ähnlich dem Elfmeterschießen.

Die Wahoos starten direkt mit einem Touch-Down, gefolgt von einem Field-Goal. Ergo: 7 Pkt.
Und dann die Wyoming Cowboys. Im 4.Versuch gelingt ihnen mit einem Verlegenheitspass ihres Quarterbacks auch ein Touch-Down. Alles sofort: „Das gibt ne neue Runde!“
Aber dann verschießt der Kicker das Field-Goal. Eine Standardsituation, wie ein Elfmeter, wenn nicht sogar noch einfacher. Das ganze Stadion jubelt, der Kicker am Boden zerstört, aber die Cavs gehen mit 13-12 siegreich vom Feld.

Obwohl ich Football bisher nicht leiden konnte – mir fehlte immer der Spielfluss, andauernd werden die Mannschaften durchgewechselt und und und – muss ich wirklich sagen, ich war mit Herzblut dabei. Es raubt einem echt den letzten Nerv. Echt geil. Freu´ mich schon auf morgen. Dann gibt´s das nächste Heimspiel.

Car Auction
Bei diesem Titel könnt ihr euch sicher aller denken, worum es jetzt geht. Des Deutschen und des Amerikaners liebstes Kind: Das Auto.
Wie ich euch ja schon früher erzählt hatte, sind Sebastian und ich auf der Suche nach einem Auto.
So sind wir am Mittwochabend mit David zu einer Auktion gefahren. Der ganze Parkplatz des Autohändlers stand voll mit zu versteigernden Autos.
Nachdem wir mit unseren extremen Autokenntnissen die Spreu vom Weizen getrennt hatten – zumindest glaubten wir das-, notierten wir uns unsere Favoriten auf einem Zettel und schritten zur Auktionshalle.

Auch wenn man kein Interesse hat, ein Auto zu erwerben, so ist es doch sehr sehr lustig dem ganzen Prozedere zu folgen. Dies hat nix mit Sothersby oder Christie´s zu tun. Echt komische Gestalten wandeln da rum. Ein Junge (geschätzte 17 Jahre) war dabei, der ein Auto nach dem anderen gekauft hat. Ein anderer stand die ganze Zeit in der Ecke und hat nur mit dem Kopf genickt, wenn er das Angebot erhöhen wollte. Und unglaublich, für welche Dumping-Preise teilweise die Karren über den Tisch gingen. David hat zwischendurch der Hinterkopf gejuckt. Er hat sich aber nicht getraut, den Arm zu bewegen.

Der Auktionator war auch echt cool. Kaum ein Wort hat man verstanden.

Der wollte das bestehende Angebot innerhalb 1s mindestens 5-mal wiederholen. Dagegen schaut jeder MC schlecht aus.

Falls das Video nicht funktioniert, hier noch mal der Link: youtube.com

Aber um es kurz zu machen. Bei allen unseren Favoriten hatten wir keine Chance. Wir hatten uns ein Limit bis $1100 gesetzt, was wir auch strikt eingehalten haben, auch wenn ein Favorit dann schließlich für $1150 verkauft wurde. Ursprünglich waren wir auch gar nicht mit der Ambition gekommen, direkt ein Auto zu ersteigern. Wir wollten uns nur mal umgucken, dann am Wochenende noch mit einem Autohändler, ein Freund von Jon, besprechen und dann ggf. 1 Woche später bei der Auktion wieder aufkreuzen.

Dann kam dieses Auto:

Auf einmal fing Sebastian an mit zu bieten, obwohl das gar nicht abgemacht war. Angeblich hatte David ihn dazu ermuntert. Wir hatten abgesprochen, dass allein Sebastian bietet. Nicht das wir uns gegenseitig überbieten. Beim nächsten Gebot – $400 – hat dann Sebastian mich gefragt, ob er mitgehen soll. Nach kurzem Zögern willigte ich ein, wir wurden nicht mehr überboten und sind nun stolze „Besitzer“ eines Jeep Wagoneers.
-4×4 Allradantrieb
-Geländeuntersetzung
-elektrische Fensterheber
-Zentralverriegelung
-Klimaanlage
-CD-Radio
-V6-2.8L
und natürlich Automatik.
Man ist schließlich nur einmal in Amiland.

Das Auto, so wie wir es erworben haben, wird im Internet zwischen $1100-$2000 gehandelt und wir haben lediglich $450 dafür bezahlt ($400 Auktion + $50 Bearbeitungsgebühr).
David hat sich auf der Rückfahrt unglaublich aufgeregt, dass wir so verdammt viel Schwein hatten.

Ihr fragt euch jetzt sicher noch, warum ich „Besitzer“ in „“ schreibe. Nun, momentan ist David der Besitzer, da weder Sebastian noch ich einen gültigen Führerschein von Virginia haben.
Den wollte ich dann heute mir David beim DMV (Department of Motor Vehicles) besorgen, dann den Wagen auf mich umschreiben, die Nummernschilder mitnehmen – dafür haben Sebastian und ich uns was ganz besonders ausgedacht; aber dazu mehr, wenn es soweit ist -, Versicherung abschließen und dann „just cruising …“

Jetzt kommt das große ABER …
So viel Glück wir gestern hatten, so viel Pech ist uns (David und mir; Sebastian hatte heute Kurse) leider heute beim DMV widerfahren. Einen Führerschein bekommt man nur, wenn man bestätigen kann, dass man im Staate Virginia einen festen Wohnsitz hat.
Problem: Ich bin Untermieter, hab somit kein Mietvertrag, besitze keine SSN (Social Security Number) und hatte als Nachweis lediglich mein Scheckbuch dabei, auf dem meine Adresse steht. Das reichte dem lieben Officer leider nicht. Zudem teilte er uns mit, das es „a couple of weeks“ dauern wird, bis mein Führerschein vom Konsulat gegengeprüft ist und ich dann den Führerschein bekommen kann. So eine Scheiße. Nun hat man ein Auto, aber keine Erlaubnis, es zu fahren. Soviel zum Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Das System hier funktioniert, keine Frage. Aber nur MIT Auto. So dürfen wir uns nun ein paar Wochen mehr zu dieser Randgruppe zählen, die kein Auto besitzt.
Wir werden nun morgen wieder zum DMV fahren und versuchen alle möglichen Hebel in Bewegung zu setzen, auf dass dies den Prozess beschleunigt. Drückt uns alle die Daumen.

Soviel erstmal auch C-ville. Wenn es Neuigkeiten zum Auto oder sonstiges gibt, werd ich wieder so eine Night-Session einlegen, um zu berichten.

Bis dahin…

Martin

3 Responses to Cavalier Weekly

  1. jörg sagt:

    moin maddin, schön zu hören wie gut du dich in den usa einlebst.
    hier nicht viel neues
    in wolbeck gibt es neben der rastafraktion nun auch noch wodka aus kasachstan
    und ich überlege wer denn unser buntes grüppchen noch bereichern könnte: massai, fujijamas oder ein paar chewinggums von dir da drüben
    grüsse aus dem multikulti

  2. Carin sagt:

    Hé Martin, dat oranje van jullie favoriete voetbalclub vind ik ZEER sympathiek!!!
    Lass‘ es Dir gut gehen und liebe Grüße!
    Carin & co.

  3. Maria sagt:

    Hi Martin,
    nun weiß ich endlich was ein blog ist und wie das alles funktioniert. echt klasse mit fotos und so. das gefällt mir und ich werd jetzt öfter reinschaun.
    jetzt funktioniert das Internet daheim, aber auf der arbeit macht es probleme. Unsere frauentherorie lautet:seitdem wir das neue Fax/Drucker/kopiergerät haben ist alles andere auf eis gelegt. und wir haben keinen, der uns helfen kann…..
    am freitag flieg ich jetzt nach münster, um 5uhr gehts los und um 8kann ich dann mit mama frühstücken.
    am samstag sind dann zwei klassentreffen geplant und am sonntag gehts dann um 16 uhr mit der mfg wieder gen süden.
    letzten samstag habe ich die wiesen mit stefan, kaja und freundin begrüßt:#
    super wetter, maß für 7,40€, super stimmung, tanzen auf den tischen erst ab 18uhr erlaubt.
    morgen geh ich nochmal mit katja los–das wird bestimmt ne riesn gaudi!

    Bis denne mal wieder, servus und tschüss
    deine maria

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